Die kommenden Wochen sind wieder geprägt von zahlreichen Fest- und Feier­tagen, zu deren Mitfeier wir Sie mit die­sem Pfarrbrief sehr herzlich einladen! Dazu zählt auch das Pfingstfest, das wir auch „Geburtsfest“ der Kirche feiern.

In diesen Monaten sind wir immer wieder mit Diskussionen um Reformen in der Kirche konfrontiert. Einen interessanten Artikel dazu hat der Kölner Erzbischof, Rainer Kardnial Woelki als Gastbeitrag für „Die Tagespost“ am 28.03.2019 (Seite 9.) unter dem Titel „Auf Christus blicken“ verfasst. Darin schreibt er unter anderem:

„Diejenigen, die jetzt inner- und außer­halb der Kirche so energisch auf Ver­änderungen gerade bei diesen Themen drängen, also auf eine Lockerung des Zölibats, eine Neubewertung der Homo­sexualität, auf Weiheämter für Frauen und eine generelle Akzeptanz außerehe­licher Sexualität, sind bislang die Antwort schuldig geblieben, warum denn die evangelischen Christen in Deutschland, die all dies haben, was jetzt gefordert wird, kein Stück besser dastehen, nicht beim Nachwuchs in pastoralen Berufen, nicht in der Glaubenspraxis oder bei den Austrittszahlen. Ist diese Beobachtung nicht ein Hinweis darauf, dass die wah­ren Probleme woanders liegen, dass das gesamte Christentum mit einer Krise des Glaubens und Verstehens zu kämpfen hat und weniger mit einer neuen Lebens­wirklichkeit, die nun endlich bejaht wer­den muss.

Ich meine, das weitreichende Unver­ständnis gegenüber zentralen Aspekten des katholischen Glaubens, namentlich der Sakramentenlehre, des Priestertums, aber auch gegenüber Offenbarung und christlicher Glaubens- und Lebenspraxis, sollte uns Katholiken und Katholikinnen in erster Linie wachrütteln und deutlich werden lassen, dass wir etwas falsch machen. Wir reden zu viel von der Kirche und zu wenig von Christus; wir schauen zu oft auf uns selbst und zu wenig auf ihn. Das Christentum war von Anfang an eine alternative Kultur, es stand mitten in dieser Welt und in einem bestimmten geschichtlichen Augenblick, es war keine Denkschule und keine Philosophie, son­dern von Beginn an Begegnung mit einer lebendigen Person, ein Glaube aus Fleisch und Blut sozusagen, der konkret erfahrbar ist. Nie hat sich dieser Glaube einfach mit der Welt gemein gemacht; in seinem Anderssein hat er immer auf eine andere, jenseitige Welt verwiesen.

„Entweltlichung“, dieses Wort, das Papst Benedikt XVI. der Kirche ins Stammbuch geschrieben hat, ist allzu schnell beiseite geschoben worden; es sollte noch ein­mal gründlicher bedacht werden. Es meint, so glaube ich, keinen Rückzug von der Welt, aber eine Rückbesinnung auf den einzigartigen Charakter der christlichen Heilsbotschaft. Nur wenn die Kirche über die sichtbare Welt hinaus­weist und Zeugnis gibt für die Erlösung des Menschen durch Gottes Sohn, nur dann wird sie weiterhin Menschen gewin­nen und zum Heil führen.

Zugespitzt lautet die Alternative, vor der wir stehen: Entweltlichung der Kirche oder Entchristianisierung der Welt - je­denfalls des Weltteils, in dem wir als Deutsche leben, denn es gibt andernorts Trends, die mit unseren kaum vergleich­bar sind.

Ich möchte nicht missverstanden wer­den. Ich rede hier nicht einem unreflek­tierten Traditionalismus das Wort, einer Sehnsucht nach dem angeblich viel besseren Gestern, ich will auch keine Wagenburg, in der sich eine kleine fromme Herde verschanzt. Im Gegenteil, ich will Wachstum und Aufbruch, ich will Glauben im Hier und Heute, aber das alles wird nur Menschen berühren und begeistern, wenn wir alle unserer Sen­dung treu sind. Der Weg der Kirche kann nur in die Zukunft führen und nicht in die Vergangenheit, aber diese Zukunft wird sie nur mitgestalten, wenn sie sich neu auf Christus besinnt, wenn sie zu ihm zu­rückkehrt, wo sie ihn aus den Augen ver­loren hat.

Wozu Kirche? Die Antwort muss nicht erfunden, sondern wieder aufgefunden, von neuem gesucht werden. Erfunden haben wir Menschen, wenn wir ehrlich sind, in dieser Hinsicht gar nichts, nicht die Welt und nicht uns selbst, nicht die Kirche und nicht den Glauben. Alles ist uns anvertraut. Es ist uns geschenkt worden - ganz unverdient. Nur in diesem Geist und dieser Demut kann die Kirche sich erneuern. Sie muss sich leiten lassen nicht vom Blick auf sich selbst oder auf die Welt, sondern allein von dem Blick auf den Erlöser, vom Blick auf Christus.“

Liebe Leser unseres Pfarrbriefes, diese Gedanken können uns helfen, bei all den Themen, über die wir immer wieder dis­kutieren, auf das Wesentliche, ja auf DEN Wesentlichen, auf Christus zu blicken und ihn wieder neu in die Mitte seiner Kirche und auch unseres Lebens zu stellen.

Das ist und bleibt der erste und wichtig­ste Schritt einer jeden Reform kirchlichen und christlichen Lebens.

Mit herzlichen Grüßen und Segenswün­schen

Ihr Pfarrer